Exponate des Deutschen Zukunftspreises im Deutschen Museum München (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

20 Jahre Erfindergeist

MP3-Player, vegane Wurst, Laser und Thrombosemedikamente haben auf den ersten Blick nicht viel gemein. Hinter ihrer Entwicklung stecken aber viele Jahre harte Arbeit und jede Menge Erfindergeist. Diesen zeichnet der Bundespräsident einmal im Jahr mit dem Deutschen Zukunftspreis aus. 2016 wird der Preis zum 20. Mal vergeben und hat mittlerweile sogar zwei Nobelpreisträger hervorgebracht. Ein Rückblick.

Vom Buchdruck bis zum Ottomotor, vom Computer bis zum MP3-Player – viele deutsche Erfindungen haben unseren Alltag für immer verändert. Um diesen Erfindergeist und Deutschland als Forschungs- und Innovationsstandort zu stärken, hat der Bundespräsident 1996 den Deutschen Zukunftspreis ins Leben gerufen. Er fördert damit jedes Jahr Projekte, die neue Technologien, biologische Verfahren oder Therapien entwickeln und gleichzeitig die Wirtschaft voranbringen, indem sie neue Arbeitsplätze schaffen. Der Preis ist mit 250.000 Euro dotiert und zudem mit einer großen öffentlichen Aufmerksamkeit verbunden. Dadurch entstehen Kontakte zu Kooperationspartnern wie Lizenzgebern oder Investoren. Das gibt den Forscherteams aus Wirtschaft und Wissenschaft neue Schubkraft, um sich an den teils stark umkämpften Märkten behaupten zu können. Seit 2006 kommt noch eine weitere öffentliche Anerkennung hinzu: Alle ausgezeichneten Projekte dürfen sich auf einer Themeninsel in der Dauerausstellung „Deutscher Zukunftspreis“ des Deutschen Museums in München präsentieren. Das fördert den Austausch mit der Öffentlichkeit. 

In den vergangenen 20 Jahren wurden bereits 68 Wissenschaftler für den Preis nominiert. Organisation und Begleitung des Preises übernimmt der Stifterverband, der zum Beispiel die Jury betreut und die Mittel zur Finanzierung des Preises und der Dauerausstellung akquiriert. 

Galerie: Preisträger und ihre Erfindungen

Peter Grünberg (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Je kleiner, desto besser 
Fotos von der letzten Fernreise, die neuesten Hits des Lieblingssängers oder die angesagte US-Serie – moderne Festplatten können heute riesige Mengen an Daten speichern. Doch je enger die Datenberge „zusammenrücken“, um noch mehr Informationen zu speichern, desto sensibler müssen die Sensoren sein, die sie auslesen. Einen solchen präzisen Sensor entwickelte der Physiker Peter Grünberg im Jahr 1998 am Forschungszentrum Jülich. Er machte sich dabei den zuvor von ihm entdeckten Riesenmagnetowiderstandseffekt zunutze (auch bekannt unter dem Namen GMR-Effekt; GMR = giant magnetoresistance). Eine bahnbrechende Entdeckung: Heute sind Sensoren, die auf Grünbergs Entwicklung basieren, in fast allen Leseköpfen in Festplatten verbaut. 2007 erhielt er für die Entdeckung des GMR-Effekts den Nobelpreis für Physik.
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Die Komprimierung von Audiodaten revolutionierte die Musikbranche (Foto: iStock/arinahabich)

Aller guten Dinge sind MP3
Als Ende der Neunzigerjahre die ersten MP3-Player auf den Markt kamen, brach in der Musikwelt eine neue Ära an. Die Menschen ließen CDs und Kassetten im Laden liegen und luden sich stattdessen Musik im Internet herunter. Das sogenannte MPEG-1-Audio-Layer-3-Verfahren – besser bekannt unter seinem Kürzel MP3 – machte es möglich. Audiodateien ließen sich nun stark komprimieren, ohne dass dabei ein hörbarer Unterschied zum Original entstand. Eine Revolution, die ihren Ursprung in Erlangen hat: Hier am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS gelang den Wissenschaftlern Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp der entscheidende Durchbruch bei der Komprimierung von Audiosignalen. Noch heute ist MP3 das dominierende Verfahren zur Speicherung und Übertragung von Musik auf Computer und Smartphones und im Internet, obwohl es mittlerweile eine Anzahl von technisch weiterentwickelten Optionen gibt. Im Jahr 2000 erhielten Brandenburg, Grill und Popp für ihre Entwicklung den Deutschen Zukunftspreis.
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Flüssigkristalle von Merck haben Flachbildschirme marktfähig gemacht (Foto: iStock/Bim)

Keiner schaut mehr in die Röhre
Flache Fernsehbildschirme mit brillanten Farben haben viele Wohnzimmer in kleine Heimkinos verwandelt. Der Siegeszug der Flachbildschirme über die alten Röhrenfernseher nahm in Darmstadt seinen Lauf: Die Wissenschaftler Kazuaki Tarumi, Melanie Klasen-Memmer und Matthias Bremer des Chemiekonzerns Merck entwickelten Anfang der Nullerjahre spezielle Mischungen von Flüssigkristallen, die – in sogenannten LCD-Displays verwendet – brillante Farbkontraste ermöglichten bei gleichzeitig geringem Energieverbrauch. Dafür erhielten sie 2003 den Deutschen Zukunftspreis. Heute sind die Mischungen des Darmstädter Unternehmens weltweit in Fernsehern, Smartphones, elektronischem Spielzeug oder Digitalkameras namhafter Hersteller verbaut. 
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Stefan Hell erhielt für sein STED-Mikroskop den Nobelpreis für Physik (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Menschen durchleuchten
Lichtmikroskope ermöglichen Wissenschaftlern seit vielen Jahren den Blick in die menschlichen Zellen. Bislang war die Auflösung aber begrenzt. Durch eine Erfindung von Stefan W. Hell, Direktor des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie in Göttingen, ist es nun möglich, auch kleinste Zellstrukturen sichtbar zu machen, zum Beispiel Proteine, die weniger als 200 Nanometer auseinander liegen. Das von ihm entwickelte Stimulated-Emissions-Depletion-Mikroskop (STED) nutzt dabei einen technischen Trick bei der Beleuchtung der Moleküle. Dadurch können neue Erkenntnisse über die Ursachen von Krankheiten und die Wirkung von Medikamenten gewonnen werden. 2006 erhielt Hell für seine Erfindung den Deutschen Zukunftspreis. 2014 folgte der Nobelpreis in Physik.
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Kleinste Sensoren mit großer Wirkung (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Sinnesorgane für Elektronik
In Autos sorgen kleine Sensoren seit einigen Jahren für große Sicherheit: Sie lösen Airbags aus oder steuern gegen, wenn das Auto ins Schleudern kommt. Aber auch in anderen elektronischen Geräten können sie hilfreich sein: In Smartphones beispielsweise erkennen die empfindlichen Messfühler Bewegungen, sodass sich das Display entsprechend ausrichten kann. Um diese Sensoren in Handys und Co. einbauen zu können, mussten sie aber deutlich kleiner und energiesparender werden. Dies gelang Mitte der Nullerjahre erstmals durch eine neue Fertigungstechnik der Robert Bosch GmbH. Mit ihr lassen sich mikromechanische Sensoren herstellen, die 20-mal feiner sind als ein einzelnes Haar. 2008 erhielten die Bosch-Forscher Jiri Marek, Michael Offenberg und Frank Melzer dafür den Deutschen Zukunftspreis.
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Blutgerinnsel verhindern (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Tablette statt Spritze gegen Thrombosen 
Frank Misselwitz, Dagmar Kubitza und Elisabeth Perzborn von der Bayer Schering Pharma AG erhielten 2009 den Deutschen Zukunftspreis für die Entwicklung eines neuartigen Thrombosemedikaments. Die Gefäßerkrankung, in deren Verlauf sich Gerinnsel in den Blutgefäßen bilden, die den Blutstrom lebensgefährlich behindern können, ist eine der häufigsten Todesursachen in den Industrienationen. Der von den Forschern entwickelte Wirkstoff Rivaroxaban greift gezielt in die biochemischen Prozesse innerhalb der Blutgerinnung ein. Dadurch wird die Bildung von Gerinnseln im Blut verhindert, ohne dabei die Gerinnung vollständig zu unterbinden. Ein weiterer Vorteil: Patienten können den Wirkstoff als Tablette einnehmen, anstatt ihn zu spritzen.
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Haushaltshelfer der Zukunft (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Vorbild Elefantenrüssel
Ein Roboter, der im Haushalt hilft, Einkäufe einräumt und dabei sogar empfindliche Lebensmittel greifen kann, ohne sie zu zerdrücken: Das klingt im ersten Moment nach Science-Fiction. Den Forschern Peter Post, Markus Fischer (beide: Festo) und Andrzej Grzesiak (Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart) ist es im Jahr 2010 erstmals gelungen, einen solchen Hightechhelfer zu konstruieren. Dabei haben sie Strukturen aus der Natur auf Technik übertragen: Sie entwickelten einen Roboterarm, der sich wie ein Elefantenrüssel flexibel bewegen und gezielt greifen kann. Möglich war das zum einen durch eine neue Fertigungstechnik und zum anderen durch eine Druckluftsteuerung. Dadurch passen sich die drei Finger des Arms flexibel der Kontur des zu greifenden Gegenstandes an. 2010 gab es dafür den Deutschen Zukunftspreis.
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Binaurale Hörgeräte verbessern die Hörqualität nachhaltig (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Besser hören
Schwerhörigen das natürliche Hörvermögen wiederzugeben – das ist das Ziel von Birger Kollmeier, Volker Hohmann (beide: Universität Oldenburg) und Torsten Niederdränk (Siemens AG). Sie haben die Grundlagen für ein digitales Verfahren entwickelt, das die Hörgeräte in beiden Ohren per Funk zu einem sogenannten binauralen Hörsystem verbindet. Dadurch wird ein räumliches Schallfeld erzeugt, das die Hörqualität nachhaltig verbessert und bisherigen Techniken weit überlegen ist: Es entsteht ein dreidimensionales Klangbild, das wichtige und unwichtige Geräusche voneinander trennt und einsortiert. Eine große Hilfe für Hörgeschädigte, wenn Hintergrundgeräusche zu laut sind oder viele Menschen durcheinanderreden. 2012 haben die Forscher hierfür den Deutschen Zukunftspreis erhalten.
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Prismenanordnung eines Hochleistungs-Scheibenlasers (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Werkzeug mit geballter Energie
2013 gelang den Forschern Jens König (Bosch), Stefan Nolte (Universität Jena) und Dirk Sutter (TRUMPF) ein Durchbruch in der Fertigungstechnik. Sie entwickelten den weltweit ersten und bis dato leistungsfähigsten Ultrakurzpulslaser, mit dem sich die unterschiedlichsten Materialien äußerst präzise bearbeiten lassen. Die Lichtimpulse des Lasers sind zwar nur billionstel Sekunden kurz, aber äußerst energiereich. Schlagen sie auf einer Oberfläche auf, erhitzt sich das Material so stark, dass es schlagartig verdampft, ohne vorher zu schmelzen. So entstehen feinste, extrem saubere Strukturen. Ideal für filigrane Arbeiten, beispielsweise an Smartphone-Displays oder an Einspritzventilen für Verbrennungsmotoren. Für seine Erfindung hat das Team im Jahr 2013 den Deutschen Zukunftspreis erhalten.
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Wurst ohne Fleisch - aber mit Lupinen (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Von der Wildblume zum Lebensmittellieferanten
Eine gesunde und nachhaltige Ernährung für die stetig wachsende Weltbevölkerung zu finden, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Eine Lösung: Tierische Lebensmittel durch pflanzliche Rohstoffe ersetzen, für deren Herstellung man wesentlich weniger Fläche benötigt. Doch wie macht man diese pflanzlichen Produkte auch Fleischliebhabern schmackhaft? Die Antwort von Stephanie Mittermaier, Peter Eisner (beide: Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung, Freising) und Katrin Petersen (ProLupin GmbH Grimmen), Preisträger des Deutschen Zukunftspreises 2014, lautet: mit Lupinen, einer heimischen, aber eigentlich nicht genießbaren Pflanze. Das Forscherteam entwickelte ein Verfahren, mit dem sich aus Lupinen neutral schmeckende Proteine gewinnen lassen. Diese dienen als Grundstoffe für vegetarische und vegane Speisen, die sich in Geschmack und Konsistenz von tierischen nicht mehr unterscheiden.
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Beton neu erfunden: Die Gewinner des Deutschen Zukunftspreises 2016

Bundespräsident Joachim Gauck hat das Team der Technischen Universität Dresden mit dem Deutschen Zukunftspreis 2016 ausgezeichnet. Die Forscher Manfred Curbach, Chokri Cherif und Peter Offermann haben mit Carbonbeton einen innovativen Verbundwerkstoff entwickelt, der das derzeit wichtigste Baumaterial Stahlbeton ersetzen und damit die Lebensdauer von Betonbauwerken verlängern kann. Da die korrosionsfesten Kohlenstofffasern noch stabiler sind als Stahl, genügen viel schlankere Bauteile. Das senkt den Rohstoff- und Energiebedarf und damit den CO2-Ausstoß auf die Hälfte. Zudem lassen sich damit filigrane und außergewöhnlich designte Bauwerke realisieren, deren Lebensdauer die von Stahlbeton-Bauten weit übertrifft. 

Ebenfalls nomminiert waren ein Entwicklerteam aus Baden-Württemberg, die den Energieverlust im Verbrennungsmotor in den Fokus genommen haben. Dazu haben sie ein neuartiges Verfahren im Kolben- und Zylinderlaufbahnsystem erarbeitet, das den Kraftstoffverbrauch deutlich senkt. Um Autos ging es auch beim dritten nominierten Team aus Bayern, das Fernlichtscheinwerfer mit einem scharf gebündelten und intensiven weißen Licht entwickelt hat. Diese erweitern das Sichtfeld des Autofahrers deutlich und erhöhen somit die Sicherheit im Straßenverkehr.

Zum Video der Preisverleihung