Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz

Deutscher Zukunftspreis für die EUV-Lithografie von Zeiss, Trumpf und Fraunhofer: 50.000-mal in der Sekunde muss der Hochleistungslaser ein kleines Zinntröpfchen treffen. Die hier abgebildete Optik hilft bei der Fokussierung des Lasers.

EUV-Lithografie – neues Licht für das digitale Zeitalter

Der Deutsche Zukunftspreis 2020 geht an das Projekt EUV-Lithografie, einer einzigartigen Kooperation von Firmen und Forschern. Die Technologie ermöglicht eine neue Generation von Chips für mobile Geräte, Smart-Home-Anwendungen oder autonomes Fahren.

Die Maschine ist so groß wie ein Schulbus und kostet 120 Millionen Euro. Sie besteht aus mehr als 500.000 Einzelteilen. Das Innere der Maschine erinnert an Szenen aus Science-Fiction-Filmen: Ein Hochleistungslaser beschießt zweimal in rascher Folge Zinntropfen, erst, um sie zu verformen, dann, um sie in Plasma zu verwandeln. Dies geschieht 50.000-mal pro Sekunde. Das Plasma strahlt UV-Licht ab. Hochpräzise Rundspiegel sammeln dieses Licht ein, um damit eine Maske – eine Art Schablone – zu beleuchten und sie auf Fotomaterial zu bannen. Dies geschieht mit etwa 100 Schablonen, sodass Schicht für Schicht ein komplexes dreidimensionales Gebilde entsteht – ein Wafer, die Grundplatte heutiger Mikrochips. Die Entwicklung der extrem ultravioletten Lithografie (EUV-Lithografie) ermöglichte dabei eine Grenzüberschreitung: Mit ihr passen mehr Transistoren auf die ohnehin winzigen Chips – und somit auch mehr Rechenleistung.

hochpräziser Rundspiegel (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz
Die für die Chipherstellung nötigen Spiegel müssen hochpräzise sein und können nur im Vakuum betrieben werden.

Kein Mikrochip ohne die Erfindung von Zeiss, Trumpf und Fraunhofer

Jeder kennt Marken wie Apple oder Intel. Es ist auch kein Geheimnis, dass asiatische Firmen in der Chipproduktion führend sind. Aber nur wenige wissen, dass die gesamte Branche auf eine Innovation aus Europa angewiesen ist, um ihre Technik voranzutreiben. Denn nur die niederländische Firma ASML mit ihren deutschen Partnern Carl Zeiss und Trumpf sowie Forschungspartnern wie dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF sind derzeit dazu in der Lage, die hochleistungsfähige, präzise Maschine für die EUV-Lithografie herzustellen. 80 Prozent aller Chiphersteller sind Kunden von ASML. Die EUV-Lithografie ist das Resultat einer jahrzehntelangen disziplinen-, länder- und firmenübergreifenden Zusammenarbeit, die nun mit dem Deutschen Zukunftspreis (siehe Kasten) ausgezeichnet wurde. Sie ist eine Voraussetzung für Innovationen, sei es für das Smart Home, die Smart Factory, für Robotik oder mobile Geräte.

Die Entwicklung der Technik war ein Marathon. Die ersten Ideen gab es bereits in den 1980ern in Japan und den USA. An die praktische Umsetzung wagten sich aber nur zwei europäische Firmen: die niederländische Firma ASML und das traditionelle Optikunternehmen Zeiss mit Unterstützung der Fraunhofer-Forscher. Die Partner kannten sich schon länger: ASML ist aus Philips heraus entstanden, Zeiss und Philips kooperierten bereits seit Anfang der 1980er-Jahre. 2005 kam schließlich noch Trumpf hinzu, weil ASML einen leistungsstarken Laser benötigte. Der schwäbische Werkzeugmaschinenhersteller hatte sich seit den 1980ern als einer der erfolgreichsten Hersteller von Kohlendioxidlasern etabliert. Die Zusammenarbeit begann mit einer lockeren Anfrage – für Trumpf war es jedoch umgehend eine Herausforderung. Immerhin war ihr stärkster Laser sechsfach schwächer als der für die EUV-Lithografie notwendige.

Die Folgezeit war ein ständiges Auf und Ab. Die deutschen Partner, die bereits an der Weltspitze in ihren Bereichen waren, mussten sich noch einmal selbst übertreffen. Da UV-Licht von jedem Material absorbiert wird, selbst von Luft, können zum Beispiel die Spiegel nur im Vakuum betrieben werden. „Wir durften keine Linsen einsetzen, die würden das Licht ebenfalls absorbieren“, sagt Teamsprecher Peter Kürz von Carl Zeiss SMT. Die Spiegel müssen extrem präzise sein – sie müssen die Strukturen der Maske perfekt ausleuchten. Eine minimale Abweichung reicht und eine Leiterbahn könnte auf dem Chip an die falsche Stelle rutschen und ihn somit unbrauchbar machen. Kürz zieht gern einen Vergleich heran: Würde man die Spiegel auf die Fläche Deutschlands vergrößern, dürfte die Abweichung nicht mehr als 0,1 Millimeter betragen. 

Preisverleihung (Foto: Ansgar Pudenz/Deutscher Zukunftspreis)
Preisverleihung (Foto: Ansgar Pudenz/Deutscher Zukunftspreis)

Der „Deutsche Zukunftspreis – Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation“ wird einmal im Jahr verliehen und ist mit 250.000 Euro dotiert. Mit dem Preis würdigt der Bundespräsident herausragende Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Eine hochrangig besetzte Jury bewertet die wissenschaftliche Leistung und die Marktfähigkeit der Innovation und die damit verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Stifterverband übernimmt die Einwerbung des Preisgeldes und begleitet die Arbeit der Gremien des Preises.

Website des Deutschen Zukunftspreises

Höchste Präzision: Laser trifft 50.000 Zinntropfen pro Sekunde

Schleifen des Glaskeramikblock (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Schleifen des Glaskeramikblock (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Zur Herstellung des Spiegels muss zunächst ein Glaskeramikblock geschliffen werden - insgesamt dauert der Herstellungsprozess mehr als ein Jahr.

Für die Herstellung der Spiegel bei Zeiss schleift ein Diamant einen 50 Kilogramm schweren Glaskeramik-Block. Die Oberfläche wird anschließend viele Male glattpoliert und mit Ionenstrahlung in die finale Spezifikation gebracht. Das Ergebnis ist der präziseste Spiegel der Welt. Insgesamt dauert es mehr als ein Jahr, das optische System zu produzieren. Bei der Entwicklung der reflektierenden Spiegelschicht waren die Fraunhofer-Forscher ein wichtiger Partner, insbesondere Dr. Sergiy Yulin.

Der Laser stellte Trumpf vor ähnliche Herausforderungen. „Es ist nicht leicht, ein System in dieser Größenordnung in einen stabilen Zustand zu bekommen“, sagt Michael Kösters von Trumpf. 2014 etwa gelang es, gerade mal zehn Wafer pro Stunde herzustellen – aber ökonomisch notwendig waren 125. Der Laser sollte daher 50.000 Zinntropfen pro Sekunde exakt treffen, damit diese abflachen und sich beim zweiten Treffer in ein 220.000 Grad Celsius heißes Plasma verwandeln. Dafür mussten die Lichtteilchen eine ganz bestimmte Form haben. Michael Kösters und sein Team haben ein „High-Power-Seed-Modul“ entwickelt, mit dem sich die Gestalt des Laserpulses kontrollieren lässt. Eine Herausforderung dabei war auch, die Wärme im System so gut zu verteilen, dass sich nichts zu sehr aufwärmt und beispielsweise verbiegt. Auch die Energieeffizienz war ein wichtiges Thema. „Sie hängt jedoch damit zusammen, wie wenig Verluste wir bei der Nutzung des Lichts haben“, sagt Kösters. „Insofern erhöhen wir mit der Leistung des Lasers auch die Energieeffizienz.“

Wir sehen uns alle als ein großes Team.
Teamsprecher Peter Kürz (Foto: Deutscher zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Teamsprecher Peter Kürz (Foto: Deutscher zukunftspreis/Ansgar Pudenz)

Peter Kürz

Carl Zeiss SMT GmbH

Erfolgsrezept: Vertrauen und Team-Arbeit

Teambild mit Peter Kürz, Michael Kösters, Sergiy Yulin (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Teambild mit Peter Kürz, Michael Kösters, Sergiy Yulin (Foto: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz)
Das ausgezeichnete Team vor dem großen Trumpf Hochleistungslaser für die EUV-Lichterzeugung (v.l.n.r.): Peter Kürz (Zeiss), Michael Köster (Trumpf) und Sergiy Yulin (Fraunhofer). Der Laser besteht aus 500.000 Einzelteilen.

Inzwischen hat ASML mehr als 100 Systeme verkauft. Sie müssen mit vier Boeing-Flugzeugen zum Kunden transportiert werden. Einmal installiert, laufen sie stabil. Künftig soll das System noch kleinere Strukturen hinbekommen – und höhere Durchsätze. Letzteres gelingt durch die Weiterentwicklung des Lasers. Ersteres hängt von zwei Faktoren aus der Optik ab: Zum einen erhoffen sich die Entwickler, geringere Wellenlängen beim UV-Licht nutzen zu können, zum anderen möchten sie die Öffnungswinkel der Optik vergrößern – die sogenannte numerische Apertur. In beiden Fällen wäre eine bessere Auflösung möglich, was bedeutet, dass noch mehr Strukturen auf dem Wafer untergebracht werden können.

Die Unternehmen vertrauen sich gegenseitig. Ihre Innovationen sind durch mehrere Tausend Patente abgesichert. ASML-Vorstand Christophe Fouquet sagte kürzlich: „Wir können nicht ohne Zeiss und Trumpf, aber unsere Partner können auch nicht ohne uns.“ Die Ingenieure arbeiten dabei längst über Firmengrenzen hinweg eng zusammen – insgesamt sind mehr als 2.000 Menschen involviert, darunter auch die Netzwerke jeder der drei Partner. „Kommunikation ist dabei immens wichtig“, sagt Kürz. „Wir haben nahezu täglich Telefonkonferenzen und in Nicht-Corona-Zeiten auch viele Besuche vor Ort.“ Die können auch länger ausfallen. Kösters arbeitete etwa drei Monate direkt bei ASML. „Wir sehen uns alle als ein großes Team“, sagt er. Dabei motiviere man sich auch firmenübergreifend, schließlich möchte keiner den Fortschritt aufhalten. Kürz sagt: „Der Erfolg der EUV-Lithografie ist zweifelsohne das Ergebnis einer gelungenen Zusammenarbeit.“