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Verantwortung in der Informatik

An der TU Wien vermittelt ein Einführungskurs für Informatiker unterschiedliche Denkweisen, um die hohe gesellschaftliche Relevanz des Fachs zu vermitteln. Darüber spricht der Informatiker Peter Purgathofer in der neuen Ausgabe des Podcasts "Forschergeist".

Informatik – ein Fach nur für Nerds? Keinesfalls, denn der Code, den Programmierer schreiben, existiert ja nicht im luftleeren Raum. Software bezieht sich letzten Endes immer auf den Menschen, interagiert mit ihm, beeinflusst das soziale Leben. Und mittlerweile ist auch an technisch geprägten Fakultäten angekommen, dass Informatik eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzt.

Peter Purgathofer lehrt an der TU Wien am Institut für Visual Computing. Der 56-Jährige tritt dafür ein, dass Software-Entwickler sich der Verantwortung bewusst sind, die ihre Arbeit hat. Denn Informatik wird zunehmend zur zentralen Disziplin schlechthin, ja sogar zum Betriebssystem unserer Gesellschaft. Tracking und Werbenetzwerke fördern eine Mediennutzung, bei der aufmerksamkeitsheischendes Clickbaite mehr zählt als inhaltliche Tiefe und Seriosität. Automatisierte Entscheidungen können katastrophale Folgen haben, wie etwa bei tödlichen Unfällen autonom fahrender Autos oder den Abstürzen der Boeing 737 Max. Algorithmen sind eben keine Lösung für alles, denn wie zuverlässig sind eigentlich die Datengrundlagen, auf denen sie aufsetzen?

Wir versuchen den Studierenden mitzugeben, dass sie sich intensiv mit ihrer Rolle auseinandersetzen müssen und dass die Verantwortung, die sie dabei tragen, eine ist, die man nicht durch „Ich war ja nur der Ingenieur, und ich habe nur gemacht, was man mir gesagt hat“ abtun kann.
Peter Purgathofer (Foto:privat)

Peter Purgathofer - Informatiker

Purgathofer hat deshalb an seiner Hochschule einen Einführungskurs für Studienanfänger entwickelt. Dabei geht es darum, der nächsten Informatikergeneration fundamentales Metawissen zu vermitteln und sie damit zu befähigen, mit einem tieferen Verständnis durch ihr Studium zu navigieren: Wie sieht die Wissenschaft auf die Welt, mit welchen Denkweisen wird Wissen geschaffen? Was sind die Konsequenzen und wo liegen die Grenzen? Es wird klar: Das Leben lässt sich nicht nur mit Einsen und Nullen erklären, es entzieht sich immer wieder der Berechenbarkeit. Informatik ist eng mit Sozialwissenschaften, Philosophie und Psychologie verwoben – und Problemlösung eben nicht nur eine technische Frage. Purgathofer kritisiert nebenbei auch die mangelnde Offenheit der vor allem unternehmensgetriebenen Forschung im Bereich Künstlicher Intelligenz. Diese Closed Science hat für die Wissenschaft als Ganzes schädliche Effekte, die verblüffend an die Zeit der Alchimisten erinnern.

Hören Sie hier die ganze Folge mit Peter Purgathofer:

Der Forschergeist-Podcast

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Forschergeist ist ein Podcast-Angebot des Stifterverbandes und des Berliner Podcastlabels Metaebene. Forschergeist ist ein Podcast über Bildung und Forschung. Wir bieten Einblicke in die Arbeit von Wissenschaftlern und versuchen auszuloten, was Forschergeist ausmacht: Neugier, Ausdauer und Mut.

Moderator Tim Pritlove spricht mit Wissenschaftlern und anderen Aktiven des Wissenschaftssystems über aktuelle und zukünftige Trends und Praktiken für die Bildung, die Forschung und die Organisation und Kommunikation der Wissenschaft. Die ausführlichen Gespräche wenden sich vor allem an junge und angehende Wissenschaftler, die nach Möglichkeiten suchen, ihre Forschung und Lehre den neuen Bedürfnissen der Zeit auszurichten. Forschergeist erscheint im Schnitt alle drei Wochen neu. Er ist über allle gängigen Podcast-Verzeichnisse zu abonnieren. 

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