Uwe Cantner: Wieviel Industriepolitik Deutschland braucht

In Krisenzeiten übernimmt der Staat wichtige Funktionen bei der Steuerung wirtschaftlicher Entwicklungen und internationaler Zusammenarbeit. Auf lange Sicht ist das aber keine gute Konstellation, findet Uwe Cantner, Vorsitzender der Expertenkommission für Forschung und Innovation. Videoreihe Forschungsgipfel, Teil V.

Industriepolitik sei überall dort zu begrüßen, wo das Land seine technologische Souveränität zu verlieren drohe, so Cantner. Hier könne der Staat dazu beitragen, Prozesse und Systeme lediglich anzustoßen, müsse sich dann aber auch wieder daraus zurückziehen, so Cantner. Dies gelte auch angesichts der Tatsache, dass viele Länder wie China und sogar die USA starke industriepolitische Züge tragen. 

Wir müssen die Balance von Markt und Staat in den Griff bekommen.
Uwe Cantner (Foto: David Ausserhofer)
Uwe Cantner (Foto: David Ausserhofer)

Uwe Cantner

Vorsitzender der EFI-Kommission

Internationale Kooperationen könnten, so befürchtet Cantner, durch Renationalisierungstendenzen und durch Souveränitäts-Diskussionen in Verruf geraten. Man dürfe aber nun nicht der Illusion aufsitzen, dass jedes Land jetzt wieder alles für sich machen könne. Kooperationen seien auch in Zukunft notwendig, allerdings müsse man Partnerschaften genau daraufhin abklopfen, wie „offen“ sie sein können und dürfen. Die allgegenwärtigen und teilweise gehypten Themen Open science und Open Innovation haben durch die jüngsten Krisen an Glanz verloren. 

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Das Interview entstand im Zusammenhang mit dem Forschungsgipfel 2022